Herr Archimandrit Irenäus Totzke hat vor einigen Jahren einen Agnes-Miegel-Liederzyklus komponiert und schrieb der Vorsitzenden der AMG am 16.04.08 folgenden Brief, den wir gern veröffentlichen dürfen:
„Leider war ich aus Termingründen jetzt zum zweiten Mal daran verhindert, an den A.-M.-Tagen in Nenndorf teilzunehmen. Umso empörter bin ich über das, was ich heute im Sommerbrief lese, nämlich über den Radau, den die sog. „Antifaschisten“ während der diesjährigen A.-M.-Tage veranstaltet bzw. vom Zaun gebrochen haben.
Hierzu kann ich nicht nur als Mitglied der AMG, sondern auch als Musikwissenschaftler folgendes sagen:
In der Musik haben wir ein ähnliches Phänomen wie die AMG zu beklagen: es ist die Person Hans Pfitzners. Obgleich er nach wie vor zu den größten deutschen Komponisten zählt, von vielen über Richard Strauß gestellt, ja von manchen als der bedeutendste Komponist des frühen und mittleren XX. Jhs. betrachtet wird, wird eine kleine Clique von – bezeichnenderweise musikunkundigen – Kritikern nicht müde, ihm seine Sympathien für das 3. Reich zu verübeln und daraus Rückschlüsse auf die Bedeutung seiner Kompositionen zu ziehen.
In Wirklichkeit war Pfitzner aber kein Nazi, sondern ein Deutschnationaler, der unter dem Diktat von Versailles litt, hierüber klagte und – leider oft in ziemlich überzogener Manier – polemisierte und nun glaubte, in Hitler den „Rächer“ zu sehen. Diese Bewunderung hinderte ihn aber nicht, den Nazismus gelegentlich auch zu kritisieren, und vor allem ließ er sich nicht vor den kultur- und rassenpolitischen Karren spannen, was zur Folge hatte, dass sein 70. Geburtstag in der offiziellen Presse totgeschwiegen wurde. Nichtsdestoweniger setzte nach dem berühmt-berüchtigten 68-er Jahr eine Polemik gegen den „Nazikomponisten Pfitzner“ ein, die stellenweise bis heute anhält. Wichtig ist aber nun die Feststellung, dass seit etwa 5 Jahren diese Polemik nachlässt und man Wert und Bedeutung des kompositorischen Oeuvres Pfitzners, das mit der Polemik nicht das Geringste zu tun hatte, wieder erkennt – was die steigenden Zahlen der Aufführungen dokumentieren.
Und wie war/ist es bei Agnes Miegel? Auch sie war deutsch-national, auch sie litt unter Versailles, es kam aber ein Moment hinzu, das man heute gern vergisst und das man unbedingt als „mildernden Umstand“ werten muss: die geographische Abtrennung Ostpreußens von Deutschland! Ich selber komme aus Danzig, das gegen seinen Willen von den Alliierten zur Freien Stadt erklärt worden war, und ich kann mich gut erinnern, welche politische Stimmung dort herrschte. Da Polen dauernd Ansprüche sowohl auf Danzig als auch auf Ostpreußen erhob (nachdem es Westpreußen bereits fast ganz erhalten hatte), stieg die Angst vor einem polnischen Einmarsch – und trieb die Bevölkerung en masse dem sich großdeutsch gebärdenden Nazismus in die Arme.
Sehr richtig haben Sie, verehrte Frau Dr. Kopp, bemerkt, dass die Hitler-Begeisterung von Agnes Miegel rein emotionaler Natur war. Mit Sicherheit hat sie nie „Mein Kampf“ gelesen – aber sie war Deutsche und musste mit Recht befürchten, dass Ostpreußen polnische Provinz wurde. Also glaubte auch sie – eben rein emotional -, in Hitler den Retter sehen zu dürfen.
Da in der Musik nun die Anti-Pfitzner-Polemik abebbt und man sich mehr und mehr wieder seinem künstlerischen Erbe zuwendet, darf ich, der ich sowohl Mitglied der Pfitzner- wie auch der Miegel-Gesellschaft bin, die doch wohl berechtigte Hoffnung ausdrücken, dass die künstlich angefachte Polemik gegen AM ebenfalls nach kurzem in sich zusammenbrechen und dann das literarische Erbe unserer Poetessa prussiana umso leuchtender hervortreten wird.“